Die Hauptaufgabe junger Ameisenköniginnen ist einen neuen Staat zu gründen.
Manchmal werden sie auch benötigt, um eine verstorbene Königin zu ersetzen.
Bei der Kleinen Roten Waldameise wird ein Teil der geschlüpften Jungköniginnen
gleich im Nest von ihren Brüdern begattet.
Im allgemeinen bildet jedoch die im Hochzeitsflug begattete Jungkönigin einen
neuen Staat.
Man unterscheidet dabei zwei Arten von Staatsgründung:
- selbständige Staatsgründung
- unselbständige Staatsgründung
Selbständige Staatsgründung
Die Jungkönigin gräbt sich an einer geeigneten Stelle eine kleine Erdhöhle
und legt dorthinein eine Anzahl Eier ab. Diese werden von ihr selbst gepflegt
und wenn die Larven geschlüpft sind, werden diese auch von ihr gefüttert.
Bei der „selbständigen Staatsgründung ohne Nahrungssuche" bleibt die
Jungkönigin im Nest und füttert die Larven, indem sie ihr Fettgewebe und ihre
starke Flügelmuskulatur abbaut. Sie verzehrt ausserdem einen Teil der Eier, die
sie gelegt hat. Diese Nahrung reicht gerade soweit, dass einige kleine
Arbeiterinnen heranwachsen, welche sofort alle Arbeiten im Gründungsstaat übernehmen.
Somit kann sich die Königin aufs Eierlegen beschränken. Diese Art von
Staatenbildung wird nur von Ameisenarten mit grossen Königinnen praktiziert.
Bei den anderen Ameisenarten, bei denen die Königin ihrem Körper keine Nährstoffe
entziehen kann, müssen die Königinnen öfter die Höhle verlassen und Nahrung
suchen. Daher der Name „selbständige Staatsgründung mit Nahrungssuche".
Die selbständige Staatsgründung birgt sehr viele Gefahren. Die Jungköniginnen
sind wehrlos ihren Feinden wie Vögeln, Raubinsekten, Spitzmäusen und anderen
Insektenfressern ausgesetzt. So ziehen tausende junger Königinnen aus, doch nur
wenige erreichen ihr Ziel, einen neuen Staat zu gründen.
Unselbständige Staatsgründung
Bei einem grossen Teil unserer Ameisen kann die junge Königin ohne
Helferinnen keinen Staat gründen. Die Helferinnen können gleichartige oder
fremde Arbeiterinnen sein. In einem einzigen Fall sind es auch fremde Königinnen.
Wenn die Blutrote Raubameise (Formica sanguinea) auf eine Furchtsame
Hilfswaldameisenjungkönigin stösst, legt sie ihre Eier ebenfalls in die Erdhöhle
der Hilfswaldameise. Diese Jungkönigin pflegt dann beide Eierarten. Zum Dank
dafür wird ihr, wenn die ersten Arbeiterinnen geschlüpft sind, der Kopf
abgebissen.
Bei allen anderen unselbständigen Staatsgründungen werden die Jungköniginnen
von Arbeiterinnen der gleichen Art, oder aber auch einer anderen Art unterstützt.
Die erste Weise, bei der artgleiche Arbeiterinnen helfen, ist die, dass die
Jungkönigin im Staat aufgenommen (adoptiert) wird. Das geschieht, indem sich im
Aussendienst tätige Arbeiterinnen der gleiche Art um die begattete Jungkönigin
scharen, dann mit ihr ausziehen und einen neuen Staat bilden.
Die zweite Form ist die, dass eine Anzahl Jungköniginnen einen Teil der
Arbeiterinnen des alten Staates aussucht und mit ihnen dann einen neuen Staat
bilden. Diese Form gibt es bei der Kippleibameise (Cremastogaster scutellaris),
den Zwergameisenarten (Plagiolepis), bei der Pharao-Ameise (Monomorium pharaonis)
und bei einigen Arten der Waldameisen (Formica).
Wenn man im Wald in geringer Entfernung mehrere Ameisenhügel sieht, sind es
meist solche Teilstaaten.
Diese beiden Formen der Staatenbildung leuchten noch ein. Beim
Sozialparasitismus ist es jedoch so, dass die Jungkönigin sich Arbeiterinnen
einer anderen Art zu Hilfe nimmt. Dies geschieht bei den meisten Arten, indem
sich die Jungkönigin in ein fremdes Nest einschmuggelt, dort die Königin
umbringt und sich an ihrer Stelle niederlässt. Die Arbeiterinnen der alten Art
sterben, nachdem sie die neue Königin seltsamerweise angenommen haben, nach
einer Weile aus, da es keinen Nachwuchs ihrer Art gibt. In dieser Zeit hat die
neue Königin aber genügend ihrer eigenen Arbeiterinnen, damit der Staat überleben
kann.