Am 15 April 1945 erschienen die ersten Gruppen von Flüchtlingen bei Bargen
und Oberwiesen. Verängstigte, ausgehungerte Obdachlose Russen, Franzosen,
Polen, usw. strömten an die Grenze. Unsere Gemeinde und Polizeiorgane hatten
die Flüchtlinge freundlich aufgenommen. "Es war dies für uns
Grenzanwohner eine Selbstverständlichkeit." (Schleitheimer Bote 20. 4. 45)
Als noch vereinzelt Flüchtlinge kamen, kümmerten sich erst die Bauernfamilien
um sie, dann die ganze Gemeinde. Anschliessend wurden die Flüchtlinge durch
Landjäger in Lager in die Stadt und in das Innere der Schweiz gebracht. Mit dem
wachsenden Flüchtlingsstrom mussten entlang der Grenze Auffanglager errichtet
werden. So auch in Oberwiesen. Kranke, Infektiöse, Verletzte und Gesunde wurden
ausgeschieden, nachdem über ihre Asylwürdigkeit entschieden war.
Bei dem riesigen Andrang musste vermieden werden, dass unerwünschte Elemente,
SS oder andere Nationalsozialisten, Unterschlupf in der Schweiz fänden. Dadurch
musste der Bundesrat am 20. April die Grenze 2 Tage lang ganz schliessen.
Sappeure sperrten das Gelände kilometerweit mit Stacheldraht ab.
Beim Vormarsch der Franzosen flüchteten ganze Dörfer mit Vieh und Habe in die
Wälder an der Grenze. Für die Schaffhauser Bevölkerung war aufrichtige Hilfe
eine Selbstverständlichkeit. Um zu helfen trugen ausser der Armee die Zivilbehörden,
Pfadfinder, Ortswehre, Samariter, Luftschutzsoldaten, Frauenvereine und unzählige
Freiwillige ihren Teil bei. "Die Grenze ist geschlossen" , hiess es am
Samstag abend um 10 Uhr. "Hunderte von Flüchtlingen warteten an der
anderen Seite des Stacheldrahtzaunes, darunter auch Frauen mit Kindern. Obwohl
die grossen Unterkunftsräume leer standen, wurde diesem Befehl folge geleistet.
Einzig Frauen mit kleinen Kindern wurde Einlass gewährt, damit diese die Nacht
nicht im freien verbringen mussten." (Schleitheimer Bote 24. 4. 45) Damit
die Flüchtlinge nicht vor Hunger umkamen, wurden im Dorf Brot und Äpfel
gesammelt. Gegen Sonntag Abend wurde auch Suppe verabreicht. (Schleitheimer Bote
24. 4. 45)
Stein
und Tafel in Oberwiesen zum Gedenken an den Übertritt von über 5000 Flüchtlingen
Zahl der Flüchtlinge: Übertritt bei Oberwiesen vom 21. - 26. April 1945
Nach Tagen
21. April 1945 |
841 |
22. April 1945 |
1295 |
23. April 1945 |
563 |
24. April 1945 |
690 |
25. April 1945 |
241 |
26. April 1945 |
751 |
Total |
4381 |
Nach Herkunft
Russen
|
1548 |
Deutsche Deserteure |
739 |
Polen |
516 |
Italiener |
300 |
Franzosen aus deutscher Gefangenschaft |
265 |
Annamiten (Vietnamesen) |
237 |
Tschechen |
164 |
Jugoslawien |
154 |
Litauer |
108 |
Belgier |
82 |
Holländer |
79 |
Deutsche (ehemaliger Schweizer) |
44 |
Senegalesen |
36 |
Nordafrikaner |
34 |
Griechen |
36 |
Schweizer Rückwanderer |
26 |
Verschiedener Herkunft |
20 |
Total |
4318 |